Gutswohnhaus aus dem Jahr 1836 im typischen Fachwerkstil.
Standort Poststraße 7, 45665 Recklinghausen
Bauherr Prof. Irmgard Isselstein Recklinghausen
Planung Architektur Thomas Serwe Recklinghausen
Ausführung Malermeister Herbert Behrendt Oer-Erkenschwick
In ihrer ursprünglichen Form sind sie nur noch selten anzutreffen: Gräftenhöfe. Einer der ältesten Gräftenhöfe Deutschlands liegt in Recklinghausen-Suderwich. Als "herausragende Hofanlage im Ortskern des ehemaligen Dorfes Suderwich" und "besonders gutes Beispiel der westfälischen Gräftenhöfe" wurde er 1992 unter Denkmalschutz gestellt. Seit seiner Sanierung in den Jahren 2009–2011 erstrahlt der Gräftenhof Ehling in neuem Glanz. Für die liebevolle und detailgetreue Sanierung wurde der Gutshof 2012 mit dem 2. Platz beim Deutschen Fassadenpreis in der Kategorie "Historische Gebäude und Stilfassaden" ausgezeichnet.
Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem 13. Jahrhundert. 1357 wird der erste Ehling namentlich genannt. Seither war der Gutshof Heimat für 13 Generationen der Familie Ehling. In späteren Jahrhunderten entwickelte sich die Hofstelle zum Gräftenhof, einem speziellen Typus einer Einzelhofsiedlung, dessen Hauptcharakteristikum ein Wassergraben, die sogenannte Gräfte, ist, der die Hofstelle ganz oder in Teilen umgibt. Entstanden sind Gräftenhöfe, so die Vermutung, aus dem Bedürfnis nach Schutz und Sicherung für die zumeist isoliert liegenden Wohnplätze sowie aus dem Wunsch nach Anerkennung und sozialem Prestige. Zurück zum Gräftenhof in Recklinghausen: Das aus dem 18. Jahrhundert stammende Gutswohnhaus wurde im typischen Fachwerkstil erbaut und durch den Ur-Ur-Großvater der heutigen Bewohnerin 1836 im gleichen Stil erweitert.
Ausgezeichnete Fassadensanierung
Von 2009 bis 2011 wurde der denkmalgeschützte Gräftenhof saniert. Insbesondere bei den vielen historischen Details war Liebe zum Detail gefragt. Ob Traufen, Gesimse, Fensterbekleidungen oder die historische Jahreszahl: Alles wurde originalgetreu rekonstruiert. Eine weitere Herausforderung stellte der um die Jahrhundertwende sehr dicht aufgetragene Putz dar. Er hatte den Feuchtigkeitsaustausch der tragenden Eichenbalken stark behindert, sodass einige Fachwerkträger ausgetauscht werden mussten. Um die schöne historische Schaufassade in Gänze zu erhalten, wurde von innen ein tragendes Holzfachwerk vor die Giebelwände gesetzt. Als Schlussbeschichtung kam Silikat-Fassadenfarbe 1804 zum Einsatz, die speziell für Anstriche historischer bzw. denkmalgeschützter Bauten sehr geeignet ist. Die Farbgestaltung orientiert sich ebenfalls am historischen Original und gibt dem Gutshaus seinen ursprünglich hellen, freundlichen Sandfarbton zurück. Mit dieser Sanierung gelang es, den historischen Gesamteindruck wiederherzustellen und für die Zukunft zu bewahren.
Heimat für alte Menschen
Mit dem Tod von Ottilie Ehling 2006 starb das Geschlecht Ehling in der 13. Generation auf dem Gräftenhof aus. Doch Ihr Wunsch war es, dass der Gräftenhof der Gemeinde auch nach ihrem Tod als historische Stätte für Feste und Feiern erhalten bleibt und dass alte Menschen auf dem Hofgelände einen schönen Lebensabend verbringen können. Daher gründete Prof. Irmgard Isselstein, Nichte, Erbin und Bewohnerin des Gutswohnhauses 2011 die gemeinnützige Ottilie Ehling Stiftung, deren Stiftungszweck unter anderem die Heimatpflege und Altenhilfe ist. Unmittelbar am Rande des Hofgeländes entstanden vier Neubauten mit insgesamt 29 hellen freundlichen barrierefreien Wohnungen, die inzwischen alle bereits bewohnt sind. Ein Arzt, ein Physiotherapeut und ein mobiler medizinischer Dienst werden in den nächsten Monaten einziehen.