Das 18. Brillux Architektenforum hatte in Münster nicht nur ein Heimspiel, sondern auch einen Veranstaltungsort, der einen Bezug zum Thema hatte: „Alt und trotzdem neu!“ – beispielhaft dafür war schon die Location, das LWL-Museum für Kunst und Kultur. Museumsdirektor Dr. Hermann Arnhold sprach von einem „gelungenen, beispielhaften Projekt“, Rücksicht auf den städtebaulichen Kontext zu nehmen und trotzdem dem Anspruch gerecht zu werden, ein sehr eigenständiges Objekt zu errichten – und das in Verbindung mit neuer Offenheit.
Der Landschaftsverband präsentiert ein Museum, das möglichst viele unterschiedliche Menschen erreichen, vor allem aber die jüngere Generation wieder mehr für das LWL-Museum interessieren will. Neben dem klassischen Museumsbetrieb setzt Arnhold dabei auf Themenausstellungen sowie -abende, Konzerte und Lesungen, die das Haus zu einem lebendigen, offenen Museum machen.
Dr. Hermann Arnhold, LWL-Museum für Kunst und Kultur: "Das Museum ist weit mehr als die Realisierung von Architektur. Es ist die Übertragung eines inhaltlichen Konzeptes in neue Architektur und für Münster von enorm kultureller und städtebaulicher Bedeutung."
Stefan Rethfeld, Architektur-Journalist: "Die Frage von 'Alt und trotzdem neu!' muss von jeder Generation immer wieder neu beantwortet werden. Das Zeitgenössische ist ein wesentlicher Aspekt und muss erkennbar sein."
Per Pedersen, Staab Architekten, Berlin: "Mit seiner ortstypischen Sandstein-Fassade und einem Raum, in dem sich sakrale Sandsteinfiguren befinden und der sich zum Dom hin öffnet, ist das Gebäude ein Bekenntnis zum Dom", so Per Pedersen. Mit der Aussage knüpfte er an die Ausführungen von Museumsdirektor Dr. Hermann Arnhold an: "Wer an Altbauten Neubauten baut, muss die Umgebung kennen."
Thorsten Kock, Bez+Kock Architekten Generalplaner GmbH, Stuttgart: "Offenbar oder auch gerade durch das rigide Sparvorhaben konnte das Projekt gelingen. Es hieß Abspecken, so weit es für den Betrieb vertretbar ist, und doch wird nichts Wesentliches fehlen. Alle setzten sich zusammen, damit auch in der Bauausführung der rigide Kostenrahmen eingehalten werden konnte."
Volkwin Marg, gmp Architekten Gerkan, Marg und Partner, Hamburg: "Es genügt nicht, wenn Architektur sich nur formal auf das Vergangene bezieht, sie muss auch dem geschichtlichen, kulturellen, gesellschaftlichen und oft auch politischen Zusammenhang Rechnung tragen, in dem ein Gebäude entstanden ist. Nur so kann eine Architektur entstehen, die mit den Mitteln, Materialien und Techniken unserer Zeit den Geist der Geschichte transformiert und damit lebendig erhält."
Moderator Burkhard Fröhlich, Bauverlag BV GmbH, Gütersloh
Während der Kirchenbau nach 1945 auch in Münster boomte, sehen sich heute viele Gemeinden mit Fusionen konfrontiert. Und gerade die jüngeren Kirchenbauten werden dabei zur Disposition gestellt.
Schon früh wagten Bistum und Stadtgesellschaft daher auch alternative Umnutzungsstrategien: Verlagsort, Veranstaltungsraum oder Magazin.
Zwei herausragende Projekte entstanden in jüngster Zeit: Die elliptisch geformte St. Sebastian-Kirche wurde zum Kindergarten mit Open-Air-Spielplatz und die Dreifaltigkeitskirche zum Wohnhilfeprojekt samt Werbeagentur unter einem Dach. Mit der Umnutzung sind beide Kirchenschiffe in neuer Form vor Anker gegangen.
Seit jeher zeigt sich der Domplatz, Gründungsort der Stadt, als Bühne für repräsentative Architektur von Kirche und Politik: Kathedral- und Kurienbauten, Regierungs- und Bildungsbauten oder Bauten für Kunst und Kultur. Jedes Grundstück hat hier eine vielschichtige Biographie vorzuweisen. Umso größer daher die Herausforderung, das Areal des Domplatzes immer wieder durch Neu- und Umbauten zu aktualisieren.
Mit dem im September 2014 eröffneten LWL-Museum für Kunst und Kultur setzten Staab Architekten einen neuen, eindrucksvollen Passagenraum in diesen Kontext.
Peter Böhm Architekten erweitern unweit ein ehemaliges Priesterseminar zum universitären Philosophikum.
Das Grundstück der Stubengasse zählte in Münster lange zu den letzten Kriegsbrachen in der Altstadt – und damit als freies "Jokergrundstück" für sämtliche Neubauträume der Stadtgesellschaft: Ob Musikhalle oder Museum, Central Park oder zusätzliches Parkhaus.
Nach über fünf Wettbewerben entschied sich die Stadt, dem Konzept eines neues Stadtquartiers aus mehreren Bausteinen zu folgen: dem Stubengassen-Komplex selbst, dem Hanse-Carré und dem Umbau eines bestehenden Parkhauses in einen eigenen, wichtigen Stadtbaustein.
Wer heute den Platz betritt, kann ihn kaum wiedererkennen. Integriert in die Spaziergangskurven der Altstadt zeigt sich der einstige Schotterparkplatz als belebter Einzelhandels- und Wohnstandort.
2010 wurde das Areal mit dem Deutschen Städtebaupreis ausgezeichnet.
Nach 1990 wurden militärische Standorte im Stadtgebiet neu definiert. Eine seinerzeit errichtete Reiterkaserne an der Steinfurter Straße, die bislang von der Bundeswehr genutzt wurde, fiel in diesem Prozess Münsteraner Kunstfreunden auf, die daraufhin die Idee eines Hochschulcampus mit den Schwerpunkten Architektur, Kunst und Design entwickelten.
Nach 1994 nahm dieser Plan auch baulich Gestalt an: Die Kunstakademie errichtete einen skulpturalen Neubau, die Architekturfakultät bezog ab 2000 die ehemaligen Unterkunftsgebäude entlang der Steinfurter Straße und die Designer 2009 einen Neubau.
Als zentraler Campus-Bau für alle Studierenden kann seit 2010 jedoch eine Bibliothek gelten, die von Architekturstudierenden entwickelt und mehrfach prämiert wurde.
Foto: Werner Huthmacher
Der Münstersche Hafen am Dortmund-Ems-Kanal versteht sich als größtes Entwicklungsgebiet der Stadt. Erst als 1996 die historischen Erbpacht- und Mietverträge am Hafen ausliefen, konnten groß anlegte Stadtentwicklungspläne auch in die Realität umgesetzt werden. Das nördliche Ufer wurde hierbei als Kreativkai mit Künstlerateliers, Werbeagenturen, Theater und weiteren Büros geplant. Während anfänglich noch vorhandene Speicherbauten umgenutzt wurden, entstanden ab 2005 zunehmend Neubauten am Uferrand. Aktuell werden weitere Bereiche wie der gegenüberliegende Mittelhafen entwickelt. Auch hier wechseln sich Umnutzungen und Neubauten ab: Während der ehemalige Flechtheimspeicher 2014 zu einem Theater- und Magazingebäude umgebaut wurde, entstand gleich nebenan eine Schaukäserei.
Foto: Roland Borgmann
Der 1896 von westfälischen Landwirten gegründete Versicherungsverein schützte anfänglich ausschließlich Landwirte vor Risiken und erschloss erst ab 1948 auch andere Kundengruppen. Mit dem geschäftlichen Erfolg wuchs der Raumbedarf, sodass der Konzern 1966 in einen ersten Neubau, einer Hochhausscheibe von Wilhelm Baldus, umzog. Dieser wurde mit der Zeit erweitert und durch einen repräsentativen Rundbau von HPP ergänzt. Als auch zwischenzeitlich hinzugewonnene Nachbarbauten den Bedarf nicht deckten, beschloss das Unternehmen den Standort nochmals zu optimieren, indem die vorhandene Scheibe um vier Etagen auf 13 aufgestockt und durch einen 70 Meter hohen Glasturm mit 20 Etagen – dem damit höchsten Verwaltungsgebäude der Stadt – ergänzt wurde. Weitere Bauten entstanden entlang der Von-Stauffenberg-Straße: Ein Rechenzentrum, ein kühnes Seminargebäude, die "Villa Kunterbunt". Im Mai 2014 wurde das zeichenhafte "Kristall"-Hochhaus eröffnet, das durch eine Brücke mit dem Bestand verbunden ist.
Foto: HG Esch Photography, Hennef