Titelfoto: KIO © Anke Tiggemann
Detmold wurde im 19. Jahrhundert als „wunderschöne Stadt“ besungen, und in der Tat ist die heute größte Stadt im Kreis Lippe mit ihrer von Bombenangriffen und den stadtplanerischen Ideen zur autogerechten Stadt der 1970er-Jahre weitestgehend verschonten Altstadt äußerst pittoresk. Nördlich vom Teutoburger Wald gelegen, überragt vom kolossalen Hermannsdenkmal, hat sich die ehemalige Residenzstadt des Fürstenhauses zur Lippe jedoch bereits seit Ende des Zweiten Weltkriegs zur Behörden- und Hochschulstadt gewandelt. Sie beheimatet heute neben Kreisverwaltung und Bezirksregierung die international renommierte Hochschule für Musik und den Kreativ Campus sowie den Campus Emilie der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe. An allen Einrichtungen sind in den vergangenen Jahren interessante Bildungsbauten entstanden, die sich auf jeweils ganz eigene Weise den wissenschaftlichen und kreativen Anforderungen ihrer Nutzerinnen und Nutzer stellen. Die Tour führt Sie im Rahmen eines Spaziergangs zu diesen neuen Architekturen und streift dabei en passant auch einige der über 700 Baudenkmäler der Stadt.
(2023, Behles & Jochimsen, Berlin)
Das KIO – das KreativInstitut.OWL – ist das derzeit jüngste Hochschulgebäude der Stadt. Der lang gestreckte Baukörper besetzt städtebaulich den Eingang von Westen zum Innenstadtbereich an der Bielefelder Straße. Hier trifft sich die Kultur- und Kreativwirtschaftsszene Ostwestfalen-Lippes und betreibt unter anderem digitale Anwendungsforschung im Bereich Musik- und Filminformatik sowie in virtuellen Umgebungen. Ein anspruchsvolles Nutzungsgemisch, dem Behles & Jochimsen aus Berlin mit einem Maximum an zusammenhängender, frei einteilbarer Fläche begegnet. Zwei außen liegende Erschließungskerne mit markant abgerundeten Ecken flankieren den mit Lärchenholz verkleideten dreigeschossigen Holzhybridbau, der als erster Baustein des REGIONALE-Projekts Kreativ Campus Detmold umgesetzt
wurde.
Foto: KIO © Anke Tiggemann
(2007, Birte Stricker u. a., werkstatt.emilie, Detmold)
Die einstige Kaserne wurde Anfang der 1990er-Jahre vom Land NRW erworben und sukzessive in einen Campus für die Technische Hochschule transformiert. Nach Sanierung der Bestandsgebäude wurde 2005 ein Wettbewerb für weitere Ergänzungsbauten ausgelobt, den ein studentisches Team für sich gewinnen konnte. Die werkstatt.emilie, ein hochschulöffentliches Büro, bestehend aus Studierenden, Mitarbeitenden und Lehrenden, übernahm die Planung der beiden Neubauten – einer Laborhalle für den Fachbereich Bauingenieurwesen und einem Institutsgebäude für die heutige Detmolder Schule für Gestaltung. Dieses wurde als veredelter Rohbau mit konsequent offenem Grundriss an den Fachbereich übergeben, der ihn dann – je nach Lehrgebietsschwerpunkt – patchworkartig zu einem begehbaren Architektur- und Innenarchitekturlabor ausformulierte.
Foto: TH OWL Campus Emilie © Anke Tiggemann
(1968, Kurt Wiersing und 2006, habermann.decker.architekten, Lemgo)
Repräsentativer Hauptsitz der HfM ist seit ihrer Gründung im Jahr 1946 das „Neue Palais“ mit angrenzendem Landschaftspark. Reges Interesse an der Akademie erforderte in den 1970er-Jahren großvolumige Neubauten, unter anderem für Orchester- und Chorproben und -Aufführungen sowie für eine Ausbildungsstätte der Tonmeister. Kurt Wiersing, Architekt aus Detmold, gestaltete dafür einen zeitgenössischen Gebäudekomplex aus Stahlbeton, den er mit einer Schieferfassade verkleidete. 40 Jahre später wurde eine umfassende Ertüchtigung des Baus dazu genutzt, das Erich-Thienhaus-Institut aufzustocken. Habermann Decker Architekten aus Lemgo entwarfen eine Leichtbaukonstruktion mit Streckmetall überzogen – eine Reminiszenz an Mikrofon und Lautsprecher, die Werkzeuge der Tontechniker.
Foto: HfM Konzerthaus © Anke Tiggemann
(2014–2015, Bau- und Liegenschaftsbetrieb Nordrhein-Westfalen (BLB NRW))
Nähert man sich Detmold von Osten über die Hornsche Straße, bildet die dreistöckige, mit sandgrauem Naturstein verkleidete Bibliothek den städtebaulichen Auftakt für das Zentrum der Stadt. Großformatige Fensteröffnungen erlauben einen Einblick in den zweigeschossigen Lesesaal der Bibliothek, die die musikalischen und musikwissenschaftlichen Sammlungen der Hochschule für Musik und der Lippischen Landesbibliothek unter einem Dach vereinigt. Diese Zusammengehörigkeit wird auch baulich über ein gemeinsames
Foyer verdeutlicht, einem gläsernen Verbindungstrakt zum benachbarten klassizistischen Palais, der die gemeinsame Ausleihe beider Bibliotheken beheimatet.
Foto: HfM Bibliothek © Anke Tiggemann
Die Veranstaltung ist bei der unten stehenden Architektenkammer als Fortbildungsveranstaltung anerkannt worden:
Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen hat die Veranstaltung mit 3 Fortbildungspunkten anerkannt.